FAQ: Unangemeldet? Verbotene Fahnen?

Seit 1987 steht der revolutionäre 1. Mai in Berlin für ein unversöhnliches und kraftvolles Aufbegehren gegen die herrschenden Zustände in Berlin und weltweit. Wie im vergangenen Jahr verzichten wir auf eine Anmeldung. Der diesjährige 1. Mai soll ein Zeichen des Internationalismus in die Welt senden – zur Verteidigung von Rojava und in Solidarität mit der kurdischen Befreiungsbewegung. Deswegen werden auf der Demonstration massenhaft die Fahnen der kurdischen Freiheitsbewegung wehen, egal ob sie die Bundesregierung verboten hat oder nicht.

Warum unangemeldet und wie funktioniert das?

Der Revolutionäre 1. Mai soll Organisierung von unten unterstützen: Alle, die ihre Unzufriedenheit mit den kapitalistischen Verhältnissen ausdrücken wollen, sind aufgerufen an diesem Tag gemeinsam mit uns auf die Straße zu gehen. Eine unangemeldete Demonstration ist dafür eine passende Protestform, die deutlich macht, dass wir mit diesem Staat nicht kooperieren. Tausende Menschen, die ohne vorherige Absprache mit der Polizei ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen, sind eine offensive Antwort auf die staatliche Repression.

Die unangemeldete Demo soll auch dem rot-rot-grünen Senat, der sich als Mitte-Links-Regierung versteht, und in dem sich vor allem die Linkspartei auch als Sprachrohr der außerparlamentarischen Bewegung darstellt, ein deutliches Zeichen senden, dass wir uns nicht auf die parlamentarischen Mühlen verlassen. Wenn wir wollen, dass sich etwas ändert, müssen wir die Sachen selbst in die Hand nehmen.

„Unangemeldet“ bedeutet erst einmal, dass wir – ganz simpel – die Demonstration nicht anmelden. Das heißt, dass wir keine Vorgespräche führen und nicht mit den Bullen kooperieren. Dabei geht es uns nicht um eine Auseinandersetzung mit den Repressionsbehörden, aber wir werden unsere Demo selbstbestimmt durchsetzen.

Was kann ich dazu beitragen?

Unser Ziel ist es, eine kraftvolle Demonstration mit inhaltlichem Ausdruck durchzuführen. Wir rufen ausdrücklich dazu auf, Transparente, Fahnen, mobile Soundsysteme usw. mitzubringen und auch mit Sprechchören gute Stimmung zu machen, denn dies alles gibt dem Protestzug Struktur.

Die Demonstration beginnt um 18 Uhr am Oranienplatz. Nach einem deutlich erkennbaren Signal gehen wir gemeinsam los. Die Demonstration soll laut, ausdrucksstark und durch innere Geschlossenheit kraftvoll sein. Dabei gelten die üblichen Demoregeln wie sonst auch bei anderen Gelegenheiten: Kein Alkohol oder andere Drogen, aufeinander aufpassen und nicht alleine unterwegs sein.

Für Teilnehmer*innen ist es dabei juristisch unerheblich, ob eine Demo angemeldet ist oder nicht. Nur wer an einer verbotenen Demo teilnimmt handelt nach dem Gesetz ordnungswidrig (keine Straftat). Strafbar würde sich nur die Person machen, die eine unangemeldete Demo veranstaltet bzw. leitet, eine solche „Leitungsperson“ ist aber gerade nicht gewünscht, sondern selbstverantwortliches Handeln.

Um welche Fahnen geht es?

Die Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG und YPJ) kämpfen seit 2013 in Rojava/Nordsyrien gegen den Islamischen Staat und gegen Erdoğans Angriffskrieg auf Afrin. Sie verteidigen das Projekt Rojava, wo Menschen eine nicht-staatliche Gesellschaft aufbauen, die auf Basisdemokratie, Frauenbefreiung und Ökologie basiert. In Berlin sind die gelben bzw. grünen Fahnen der YPG bzw. YPJ mittlerweile erlaubt.

In allen Ländern Europas (außer der Türkei und der BRD) und bis nach Australien werden auf den Rojava-Solidaritätsdemos neben YPG/YPJ-Fahnen auch die roten Fahnen der ERNK und gelben Fahnen mit Öcalan-Portrait geschwenkt. Diese und andere Fahnen dürfen auf Grundlage des PKK-Verbots in Deutschland nicht zeigt werden. Damit erfüllt die Bundesregierung den Wunsch Erdoğans. Trotz öffentlicher Zerwürfnisse arbeiten BRD und Türkei weiter zusammen: Beim schmutzigen Flüchtlingsdeal, der die Festung Europa absichern soll. Beim Waffenexport, der deutschen Firmen Kriegsprofite sichert.

Was kann mir passieren, wenn ich eine verbotene Fahne zeige?

Der Polizeisprecher sagte der Zeitung „Neues Deutschland“, dass die Polizei „Straftaten dokumentieren und zu passender Gelegenheit ahnden“ würde. Unserer Ansicht ist es legitim, die Fahnen der kurdischen Befreiungsbewegung zu zeigen. Wir möchten mit diesem Akt des Zivilen Ungehorsams dazu beitragen, dass das Verbot der PKK, auf Basis dessen die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung stattfindet, aufgehoben wird, denn die PKK ist nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung.

Nicht verboten sind in Berlin die Fahnen der YPG/YPJ, die wir auch mit uns führen werden ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Eine verbotene Fahne zu zeigen, wie beispielsweise die Fahne mit Öcalan-Portrait oder dem PKK-Symbol, ist nach geltendem Gesetz ein Verstoß gegen §20 des Vereinsgesetzes und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bestraft werden. Allerdings kann das Gericht auch von einer Bestrafung absehen, wenn die Schuld gering oder die Tat von untergeordneter Bedeutung ist. Um wirklich in den Bereich der Freiheitsstrafe zu kommen, müsstet ihr schon einiges auf dem Kerbholz haben, wahrscheinlicher ist eine Geldstrafe in Tagessätzen. Bei Ermittlungsverfahren steht uns die Rote Hilfe beiseite.

Die Erfahrungen aus größeren Aktionen des Zivilen Ungehorsams zeigen, dass, je mehr Menschen sich daran beteiligen und je größer die Sympathie für die Aktion in der Bevölkerung und Politik ist, das Risiko anschließender Repression sinkt. Letztendlich ist aber der eigene Schutz auf der Demo die Grundlage, um erst gar nicht belangt zu werden. Deswegen: Seid kreativ und entdeckt euren Körper als Fahnenversteck; nehmt eure Freund*innen mit und bildet Bezugsgruppen; hakt euch unter und steht solidarisch zusammen im Fahnenmeer-Block; zieht euch bunt an. Am besten in grün, gelb und rot; tragt Sonnenbrillen und eventuell Perücken; nehmt Cappis mit – am besten zwei, denn falls es regnet habt ihr eine Trockene; nehmt einen Sommerschal mit, um euch nicht den Nacken durch die Sonne zu verbrennen.